Laudatio von Claudio Uptmoor
Kunstausstellung vom 20. Okt. - 17. Nov. 2024 / Galerie im Kornhaus
„Im Rahmen?“
Der Kunstverein Leutkirch hat sich für seine diesjährige Ausstellung hier im Kornhaus ein besonderes Motto gegeben: „Im Rahmen?“
Das Wort Rahmen hat mehrere Bedeutungen:
In der Technik spricht von Rahmen wenn es sich um ein stabilisierendes Gerüst handelt wie bei dem Fahrgestell eines Autos oder eines Fahrrades.
Ein Fenster, eine Tür brauchen einen Rahmen um eingebaut werden zu können.
In der Literatur gibt es die Rahmenhandlung einer Rahmenerzählung.
Zur Umfassung einer Matratze braucht es einen Bettrahmen.
Und natürlich braucht es in der bildenden Kunst für Bilder in der Regel einen Bilderrahmen.
Unsere Verfassung gibt uns den Rahmen für unser gesellschaftliches Zusammenleben vor.
In der Regel bewegen wir uns innerhalb vorgegebener Rahmen, also innerhalb bestimmter Grenzen. Dies erfordert Disziplin, Ordnung, Einordnung.Solche Rahmen können aber auch Geborgenheit und Sicherheit bieten.
Rahmen können aber mal zu eng werden. Dann müssen Grenzen überschritten oder gar missachtet werden; der Rahmen wird gesprengt. Ordnung und Einordnung aber auch Geborgenheit und Sicherheit sind dann gefährdet.
Gerade bestehende gesellschaftliche Rahmen bedürfen einer ständigen Überprüfung. Manchmal müssen sie auch gesprengt werden. Um dies zu tun bedarf es Mut, Freiheitswillen und Individualität.
Und so bewegt uns immer wieder die Frage: im Rahmen bleiben oder nicht.
Das Fragezeichen im Titel dieser Ausstellung dokumentiert diesen Zwiespalt dem wir oft persönlich aber auch gesellschaftlich ausgesetzt sind.
Mit dieser Frage haben sich die zehn Künstlerinnen und Künstler des Leutkirch Kunstvereins in den letzen Wochen und Monaten beschäftigt und künstlerisch zum Ausdruck gebracht
Robert Anderson
Robert Anderson äußert sich zum Ausstellungsthema ganz bewusst: "ich setze meiner Kunst keinen Rahmen!"
Er präsentiert in dieser Ausstellung zwei seiner künstlerischen Hauptbereiche, nämlich Objekte aus Ton und Gemälde aus Acryl und Silikon auf Leinwand.
Das Verbindende aller Werke ist die Verwendung spezieller Oberflächentexturen. Gerade hier sieht der Künstler immer wieder neue Möglichkeiten und dieses Erkunden ermutigt ihn, tiefer in seine Arbeit einzusteigen.
Wollte man seine Bilder klassifizieren, so würde man sie zwischen Minimalismus und Abstraktion einordnen.
Irene Greinwald
Bei Irene Greinwalds Installation mit Holzwürfeln mit dem Titel „Heiße Suppe“ weitet sich der gegebene Rahmen. Die Mitte bietet den komprimierten Farbstimmungen Schutz – der Mantel jedoch verliert seine Dichte durch die explosive Mischung. Was entweicht liegt in der Fantasie des Betrachters.
Jedes Material, so verschieden es in seiner jeweiligen Substanz auch ist, bietet im Querschnitt betrachtet erweiterte Blickrichtungen: im Naturstein können dies Linien oder Einlagerungen sein, die es im weiteren Umfeld, hier auf Bildern, gespiegelt zu entdecken gibt. Diese Gegebenheiten nimmt sie bei ihren bildnerischen Arbeiten als Herausforderung an.
Waltraud Hagedorn
Waltraud Hagedorn stellt sich die persönliche Frage : Was bedeutet für mich persönlich „Im Rahmen? “
Ihre Antwort darauf lautet: Wenn etwas harmonisch ist, stimmig, überschaubar wohltuend ohne Irritation, Aggression, Gewalt:
Dies kann in ihren Augen vieles sein:
Ein Stück Natur, ein See, ein schöner Ausblick, ein Park, ein Garten !
Aber nur wenn dies alles im Rahmen bleibt, die Natur geschützt wird, nur wenn der Wald gepflegt wird, nur wenn das Meer sauber bleibt, kann es gerettet werden, nur wenn die Umwelt im Rahmen bleibt, kann sie erhalten werden. Aber ist sie „Im Rahmen?“
Diese Frage stellt sich automatisch und ist, wie Waltraud Hagedorn meint, eine der wichtigsten dieser Zeit.
Darum hat sie sich bei ihren Arbeiten in Acryl und Ölpastellkreide für Kompositionen entschieden, die an Natur erinnern, an Gärten, Blüten, Beete, Wälder, Wiesen.
Die Farben sind bewußt zurückhaltend, vorwiegend Grüntöne, die Flächen überschaubar.
Richard Maucher
Richard Maucher stellt drei Ölbilder aus. Sein künstlerischer Rahmen ist die Literatur.
Das erste ist ein Ölbild auf Leinwand aus seiner Serie „Sinn- und Suchbilder“. Es ist inhaltlich geprägt von dem Gedicht „Der Zürcher See“ von Friedrich Gottlieb Klopstock. Das Bild ist wie die anderen Bilder aus dieser Serie durch eine gewollte Undeutlichkeit gekennzeichnet.
Sein kleinstes Bild ist eine paradoxe Spielerei und trägt den Titel „Die Schatten bei Platons Höhlengleichnis, mal farbig“.
Auch das 3. mittelgroße Bild hat einen literarischen Bezug. Es ist die knappe Erzählung des russischen Schriftstellers Konstantin Paustowski „Schnee“ aus dem Jahre 1943.
Lilli Schneider
Lilli Schneider hat sich für die diesjährige Ausstellung der Collage zugewandt.
In konkreter Ausrichtung sind Bilder entstanden ganz in Anlehnung zum Thema "Im Rahmen".
Auf sehr unterschiedliche Weise wurde das Bilderrahmenmotiv oder die entsprechenden Rahmenbedingungen zusammengestellt.
So sind an die 30 Rahmen zusammen gekommen.
Einige Motive wurden wie üblich innen in den Rahmen hinein gesetzt, andere wiederum haben genau diesen Rahmen verlassen, dringen nach außen oder von außen nach innen hinein, mal in den Vordergrund, mal in den Hintergrund.
Vom Ausdruck her wirken ihre Collagen rätselhaft irritierend oder psychodelisch wie surrealistisch, provokant (wie die blinde Frau die feststellt, ich kann keine Kunst mehr sehen!) oder auch rein graphisch.
Ute Schraag & Peter Horn
Ute Schraag arbeitet mit Peter Horn unter dem Namen UPartig zusammen.
Unter dem Motto „KUNST für die KATZ“ zeigen sie Werke, die durch das inspirierende Spiel eines Bengal-Katers das schaffende Gemüt der Künstler, aber auch das wahrnehmende des Betrachters lockert und hebt.
So werden etwa beim Bau von Katzenspielzeug oder beim Einfangen der Katze mit dem Objektiv lustige sowie überraschende Glücksmomente der Wahrheit, als auch der Leichtigkeit des menschlichen „Daseins“ ermöglicht.
Auf diesem Weg gelingt ein Wechselspiel zwischen Konzentration und Meditation und der Mensch ist ganz Mensch, weil er spielt.
Dies innerhalb, aber auch ohne eines von außen gesetzten Rahmens – denn - so die Künstler - Wahrheit ist ein pfadloses Land.
Schließlich lautet das Credo von UPartig generell:
„Es gibt keinen Weg zur Kunst, denn Kunst ist der Weg.“
Monika Stoffel
Monika Stoffel möchte mit ihrem 4-teiligen Schachtelprojekt mit dem schwäbischen Titel: „Sott halt em Rahma bleiba“ unzählige, vielfältige und alltägliche Lebens-Situationen darstellen, in denen es erforderlich und möglich ist, seinen individuellen Rahmen zu definieren bzw. eine Haltung einzunehmen. Dabei gibt es in unserer Demokratie viel Handlungsspielraum, dennoch sollte man, ihrer Meinung nach, gesetzliche und moralische Grenzen einhalten.
Eine abstrakte Umsetzung des Themas stellt das Werk „Diversity“dar, das in Mixed Media-Technik erarbeitet wurde. Es sind zwei Bilder auf einem Rahmen, der nicht so recht passen will.
Ein übergroßer Holzrahmen soll das Publikum einladen, selbst hindurch zu gehen, um sich sozusagen wörtlich „im Rahmen“ zu befinden.
Hannelore Vetter
Hannelore Vetter setzt sich bei ihrem Werk "Affinität" mit der Frage auseinander: was ist in einem vorgegebenen Rahmen möglich?
Ordnung - Chaos / Enge - Weite
Fläche - Linie / Statik - Bewegung / Anziehung - Abneigung
Die Basis für diese Arbeit bilden Monotypien, die sie zerschneidet oder zerreißt.
Diese Blätter verarbeitet sie zu einer abstrakten Komposition, die dann in einem Rahmen - neu zusammengefügt - eine andere Räumlichkeit entstehen lassen.
Michael Weinmann
Michael Weinmann hat darauf hingewiesen, dass Fotos früher in der Regel immer als Papierabzug mit Rahmen präsentiert worden sind.
Heutzutage gibt es neben der früher üblichen Präsentation andere Möglichkeiten Fotobilder zu zeigen.
Sei es im rahmenlosen Bilderhalter, mit Schattenfugenrahmen, auf Leinwand, Acryl, Glas, Aludibond etc. oder zum Beispiel auch mittels Beamer auf Hauswände und anders mehr..
Michael Weinmann hat andere Präsentationsmöglichkeiten ausgesucht:
Das Foto 1 mit dem Titel „Pflatsch“ hat er auf einer Fototour in 4m Höhe an der Wand eines Kaufhauses in München beim Vorbeilaufen entdeckt und festgehalten.Der Pflatsch ist inzwischen entfernt Es wird auf Leinwand gezeigt und hängt in einem Tisch-Webrahmen.
Foto 2 mit dem Titel „Kunst im Steinbruch“ entstand bei einer gleichnamigen Ausstellung bei Gerhausen (auf der Alb) und zeigt auf Leinwand den Ausschnitt des Tors einer Werkhalle auf dem Steinbruch- Gelände. Es hängt in einem Seidenmalrahmen.
Die dritte Arbeit besteht aus 216 grauen Diarahmen, in die er Fotos in Diagröße eingefügt. Die er in einem üblichen weißen Bilderrahmen auf Fotopapier geklebt hat. . Also quasi Rahmen im Rahmen. Allerdings nicht alle 216, sondern ein paar Diarahmen liegen vor dem Werk auf den Boden. Die sind dann „aus dem Rahmen gefallen“, komplettieren aber nach dem Ende der Ausstellung das Werk.
Regina Wellmann
Regina Wellmann beschäftigt sich auf unkonventionelle Weise mit den Zeugnissen des Alltäglichen.
Die Installationen wollen das Unerwünschte sichtbar machen und ermöglichen durch die scheinbare Banalität einen Einblick in die Kausalitäten der menschlichen Lebensgewohnheiten. Für ihre Werke verwendet sie fast ausschließlich Materialien, die sie in der Natur findet.
Die Künstlerin wirft in diesem Zusammenhang die Frage auf, ob der Rahmen, den wir im gesellschaftlichen Diskurs als normal erachten, in Anbetracht der Brisanz des Themas tatsächlich angemessen ist.
In der Installation „Gebrochen“ blickt eine Person teilnahmslos ins Leere. Umrahmt von einem gebrochenen Rahmen ragt der Kopf aus dem Müll heraus.
Ein Traumstrand. So wie wir ihn uns wünschen. Zentral ist in dieser Installation der Blickwinkel. Denn nicht das Strandbild ist entscheidend. Auf der gegenüberliegenden Wand blickt sich der Betrachter durch einen Rahmen aus Treibgut auf einer spiegelnden Fläche selbst entgegen und erscheint somit nicht außerhalb, sondern als Mittelpunkt des Problems. Der Traumstrand wird zum Alptraum.
Der Fisch aus Drahtgeflecht, in dem sich Unrat und Strandgut windet, stellt die entscheidenden Frage: ist alles noch im Rahmen?
Gemeinschaftswerk
Auch in dieser Ausstellung haben die Künstlerinnen und Künstler des Leutkirch Kunstvereins in guter, alter Tradition ein Gemeinschaftswerk geschaffen. Viele, viele unterschiedliche Rahmen sind zu einem Labyrinth-artigen Gebilde zusammengefügt. Sie sind mit Plastikfolien - wenn man einen neuen Rahmen kauft ist er meist in Plastikfolie verpackt - miteinander verwoben. Das Gebilde wirkt stabil- aber ist es auch stabil?
Ist alles noch im Rahmen?
Der Dichter Roman Herberth hat in seiner Sammlung Einfach Leben ein Gedicht über den passenden Rahmen geschrieben:
Die Freiheit sucht nach einem Rahmen,
denn grenzenlos will sie nicht sein.
Nicht allem gilt ihr Ja und Amen,
sonst stellt sich eine Knechtschaft ein.
Die Freiheit steckt in tausend Zwängen,
doch irgendwann gelingt ihr Coup.
Sie kennt in den Gedankengängen
vor allen Dingen kein Tabu.
Wer frei sein will, der steckt sich Grenzen,
weil seine Absicht sonst nicht klappt.
Entschlossen zieht er Konsequenzen,
bevor er völlig überschnappt.
Zusammenfassend: Eine - wie ich meine - spannende und anregende Ausstellung, die durch ihre Vielfalt zeigt wie unterschiedlich Künstler sich mit den ihnen vorgegebenen Rahmenbedingungen beschäftigen.
Vielen Dank an den Leutkirch Kunstverein für diese Ausstellung. Möge sie viel Erfolg haben und viele Betrachter zum Nachdenken anregen.
Bericht der Bildschirmzeitung vom 23.10.24 von Herbert Eichhorn
LEUTKIRCH
ANREGENDE JAHRESAUSSTELLUNG DES KUNSTVEREINS LEUTKIRCH
„Sott halt im Rahma bleiba“
veröffentlicht am 23. Oktober 2024
Leutkirch – Es ist schon Tradition, dass der Kunstverein Leutkirch
seine Jahresausstellung jeweils unter ein Motto stellt. Vor zwei
Jahren ging es etwa unter dem Titel „Auf Tuchfühlung“ um Textiles.
Für 2024 hatte die Künstlervereinigung die Losung „Im Rahmen?“
ausgegeben. Was die Künstler aus dieser Vorgabe machten, zeigt
nun bis zum 17. November eine kurzweilige Ausstellung im
Kornhaus.
Rahmen: Die gehören natürlich erst einmal zum Alltag einer
Künstlerin oder eines Künstlers. Da sind die Bilderrahmen, in denen
das Kunstwerk ganz am Schluss an die Wand kommt, oder die
Keilrahmen – bei Großformaten durch Kreuzleisten stabilisiert –,
auf denen zuvor die Leinwand aufgespannt wird und die für den
Betrachter normalerweise unsichtbar bleiben. Aber der Begriff
Rahmen wird natürlich oft auch im übertragenen Sinn verwendet,
worauf im Ausstellungstitel wohl das Fragezeichen anspielt. In der
Ausstellung kommt beides vor: Kunstwerke, in denen Rahmen als
Objekte auftauchen, und solche, in denen es, was manchmal in
kurzen Texten erläutert wird, um den Bezugsrahmen geht. Und
dann gibt es auch Arbeiten, die sich offensichtlich um das
vorgegebene Thema – und bei einer Jahresausstellung muss auch
das möglich sein – überhaupt nicht scheren. In allen drei Gruppen
nden sich schlüssige Arbeiten, die das Hingucken lohnen.
Blick in die Ausstellung mit Arbeiten von Irene Greinwald und
Waltraud Hagedorn. Foto: Herbert Eichhorn
Es geht auch ohne Bezug zum
Ausstellungsmotto
Ohne ersichtlichen Zusammenhang mit dem Thema erscheinen
zum Beispiel die Beiträge von Irene Greinwald, Richard Maucher
und Waltraud Hagedorn. Die kleinen Serien von Acrylmalereien der
letzteren, die mit Pastellkreide überarbeitet sind, schlagen dabei
einen ansprechenden lyrischen Ton an. Auch die beiden
Werkgruppen, die Robert Anderson, eingereicht hat, kümmern sich
nicht um das Ausstellungsmotto. Seine monochromen
quadratischen Wandarbeiten, die halb Leinwandbild, halb Relief
sind, haben fast etwas Meditatives. Noch ansprechender sind
allerdings seine etwas älteren plastischen Arbeiten: kleinformatige
ungegenständliche Tonskulpturen, die mit einer matten weißen
Engobeglasur überzogen sind. Hannelore Vetter erfüllt in ihrem
Werk „Affinität“ die Vorgabe der Schau, indem sie kleine
Monotypien in Rot und Schwarz dicht gedrängt in einem schmalen
querformatigen Rahmen wie auf einer Pinnwand präsentiert. Die
einzelnen Blätter sind dabei oft gerissen statt geschnitten und
wurden dann nur punktuell befestigt. Diese leichthändige
Vorgehensweise wirkt sehr stimmig.
Ein Hingucker als Mahnung
Mit einem kurzen Wandtext versucht Regina Wellmann den
Zusammenhang ihrer Arbeiten mit dem Ausstellungstitel zu
erläutern. Dabei hätten es diese gar nicht nötig. Vor allem ihre aus
gefundenen Materialien gebauten Objekte vermögen den Besucher
auch ohne jeglichen theoretischen Überbau anzusprechen. Vor
allem ihr etwas böse mit „Fangfrisch“ betiteltes Werk ist ein echter
Hingucker. Ein großer aus Drahtgeecht geformter Fisch ist mit
weggeworfenem und am Strand wieder angespültem Plastikmüll
gefüllt. So gelingt fast spielerisch eine recht eindrückliche Mahnung
an den gedankenlosen Umgang mit den natürlichen Ressourcen
unseres Planeten.
Auch das Künstlerpaar Ute B. Schraag und Peter Horn versucht, mit
einem Handzettel zu erklären, was ihr Projekt „Kunst für die Katz“
mit dem Motto der Präsentation zu tun hat. Ihre kleine Ausstellung
innerhalb der eigentlichen Ausstellung, die unter anderem auch
selbstgebautes Katzenspielzeug umfasst, ist auf alle Fälle eine
Überraschung.
Ein historisches Medium: das Dia-Rähmchen
Elegant löst der Fotokünstler Michael Weinmann seine Aufgabe. Um
seine auf Leinwand gedruckten Fotograen legt er locker große, aus
dem technischen Bereich kommende Holzrahmen. Außerdem
beschäftigt er sich in einer seiner Arbeiten mit einer Form des
Rahmens, die mittlerweile auch bereits historisch geworden ist,
nämlich mit dem Dia-Rähmchen. Für sein Werk „Buenos Dias“
ordnet er zahlreiche Dias nebeneinander in einen Rahmen und lässt
sie in der Ecke rechts unten schließlich auch noch wortwörtlich aus
dem Rahmen fallen.
Klassische Collagen
Vor allem zwei Künstlerinnen, Lilli Schneider und Monika Stoffel,
haben sich von dem vorgegebenen Motto offensichtlich stark
inspirieren lassen und haben für die Ausstellung originelle neue
Werke geschaffen. Lilli Schneider trägt zu der Jahresschau ein
ganzes Kabinett mit – in Technik und Format – klassischen Collagen
bei. Ihr Material dazu ndet sie in Zeitschriften und Prospekten.
Das bringt sie mit viel augenzwinkerndem Humor und allerlei
Bezügen zu Kunst und Kunstgeschichte zu attraktiven kleinen
Arbeiten zusammen, die den Besucher schmunzeln lassen. Das Blatt
„Mona Lisa ärgert sich“ ist nur ein Beispiel für diese
Vorgehensweise.
Sie traut sich was
Im Gegensatz zu diesen Kabinettarbeiten sind die Beiträge von
Monika Stoffel sozusagen raumgreifend. Der Titel ihrer Skulptur
könnte eigentlich über allem stehen, was sie für die Ausstellung
beisteuert: „Trau dich! – Nur Mut!“. Für „Sott halt im Rahma bleiba“
hat sie, wie Lilli Schneider, Fundstücke aus Zeitschriften, zum Teil
ebenfalls collagiert, in dutzenden kleinen Pappschachteln eingelegt
und so gewissermaßen gerahmt. Und dann hat sie diese zu einer
großen Wandarbeit arrangiert. Den größten Eindruck macht aber
ihre letzte Arbeit. Für diese schöpft sie die eher niedere Raumhöhe
auf der Etage des Kornhauses komplett aus. Sie hat einfach vier
unregelmäßige Holzlatten, alle schön grau verwittert, mit vier
Schrauben brachial zusammengeschraubt. Das Ergebnis überzeugt.
Außerdem liefert die Künstlerin mit diesem Werk ganz nebenbei
eine simple Denition dafür, was ein Rahmen im Grunde immer ist:
nämlich vier zusammengefügte Leisten, die in der Mitte einen
rechteckigen Ausschnitt frei lassen.
Ein Gemeinschaftswerk, spielerisch leicht
Wie schon die Jahresausstellung 2022 endet auch die diesjährige
Schau im letzten Raum, ganz oben unter dem Dach, mit einer
Gemeinschaftsarbeit der beteiligten Künstler. Dazu haben die
Künstlerinnen und Künstler Rahmen in den unterschiedlichsten
Formen und in den unterschiedlichsten Materialien
zusammengetragen. Diese wurden dann ganz lapidar mit
Klarsichtfolie verbunden und zu einem großen luftigen Objekt
zusammengefügt. Vielleicht steht die spielerische Leichtigkeit, die
dieses Kunstwerk ausstrahlt, ja für das unkomplizierte Miteinander
innerhalb der Künstlergruppe.
Es lohnt sich also auf jeden Fall, im Kornhaus bis ganz oben unters
Dach hinaufzusteigen. Der Besuch der Ausstellung lohnt sich
überhaupt. Die abwechslungsreiche Auswahl gewährt spannende
Einblicke in das, was in den Künstlerateliers der Region in diesem
Jahr so alles passiert ist.
Herbert Eichhorn